2025: Winderhitzer am Hochofen
Winderhitzer, auch als Cowper bezeichnet, sind markante Bauwerke, die zu jedem Hochofen gehören. Sie dienen dazu, die Luft, die in den Hochofen eingeblasen wird, zuvor auf hohe Temperaturen erhitzen. Zu diesem Zweck wird zunächst gereinigtes Gichtgas, auch Reingas genannt, in den Winderhitzer geleitet und dort verbrannt. Der Innenraum ist mit feuerfesten Steinen gefüllt, in denen die Verbrennungshitze gespeichert wird. Dann wird die Gaszufuhr abgedreht und Frischluft eingeleitet. Diese erhitzt sich an den Steinen auf rund 1.300 Grad und strömt dann vom Winderhitzer in den Hochofen. Die kühle Frischluft wird Kaltwind genannt, die erhitzte Luft entsprechend Heißwind.
 
In der Zeit, in der ein Winderhitzer aufgeheizt wird, kann er keinen Heißwind liefern. Daher werden zwei Winderhitzer verwendet, die sich abwechseln. Ein dritter Winderhitzer dient als Reserve, wenn bei den anderen Winderhitzern die regelmäßigen Wartungsarbeiten fällig sind - denn der Heißwind muss ohne Pause wehen, der Hochofen kann nicht abgeschaltet werden. Große Rohrleitungen werden für Reingas, Kaltwind und Heißwind benötigt. Sie sind alle mit Sperrschiebern ausgestattet, um die Betriebsphasen umschalten zu können. Am Fuße der Winderhitzer sind außerdem Verbindungen zu den unterirdischen Abgaskanälen vorhanden.
 
Für den Nachbau orientiere ich mich an den alten Winderhitzern der Henrichshütte. Auf dem ersten Foto sieht man den rostfarbenen Winderhitzer Nr. 32 eingerahmt links von den moderneren Konstruktionen aus Alublechen und rechts der westlichen Entstaubung. Der Durchmesser beträgt 7 Meter und die Gesamthöhe 30 Meter, so jedenfalls laut einer Planungszeichnung aus dem Jahr 1961. Im Modell ist das ein Durchmesser von 80 mm und eine Bauhöhe von 344 mm. Aus Platzgründen kann ich die räumliche Anordnung aus Hattingen nicht übernehmen, bei der Phoenix-Hütte werden drei Winderhitzer der alten Bauart rechts neben dem Hochofen stehen. Damit später alles an der richtigen Stelle steht, habe ich den Verlauf der Rohrleitungen für Reingas, Kaltwind und Heißwind in FreeCad modelliert und dann in den Gleisplan von CADRail eingepasst.
 
Bei einem Besuch brachten Bernd P. und René B. einen Winderhitzer aus dem Bambulab X1C-Drucker mit. Das wirkte schon beeindruckend, aber anstelle der Stege wollte ich die die Nietreihen des Originals nachbilden und ich war mit den Rundungen nicht ganz zufrieden. Also habe ich zunächst die Kuppel in FreeCad mit einfachen Nietreihen ohne weitere Details konstruiert und mit dem Anycubic Mono in Resin gedruckt. Dabei kam der Anycubic buchstäblich an seine Grenzen, der Bauraum passt mit 80 mm Tiefe so gerade für den Kuppeldurchmesser von 80 mm. Das Ergebnis war im Vergleich sofort überzeugend.
 
Nach dem erfolgreichen Test ging es dann aufs Ganze: Ich habe den Winderhitzer in einzelne Segmente zerlegt. Neben der Kuppel gibt es drei zylinderförmige Grundtypen. Diese habe ich einmalig konstruiert und dann den kompletten Winderhitzer aus entsprechend vielen Kopien (in FreeCad: Clone) zusammengesetzt. Die Niete haben nun eine maßstäbliche Größe, die senkrechten Verbindungen sind als doppelte Nietreihe nachgebildet. Sämtliche Abmessungen, aber auch die Anzahl, Position und Dichte der Nietreihen sind parametrisiert. Damit konnte ich die Konstruktion leicht anpassen, als ich noch genauere Informationen zur Vorbildgeometrie bekommen hatte. Der Winderhitzer lässt sich auch variabel für den 3D-Druck aufteilen.
 
Ich habe den zylindrischen Teil in zwei Hälften sowie separat dazu die Kuppel gedruckt. Die Höhe der Bauteile von rund 150 mm passte ebenfalls so gerade in den Anycubic und war schon knifflig, den fertigen Druck aus dem Gerät herauszunehmen. Ach ja, der Druck der beiden Zylinder geschah mit einer XYZ-Auflösung von rund 50 µm und hat jeweils knapp 14 Stunden gedauert. Die Kuppel habe ich mit einer Z-Auflösung von 20 µm gedruckt, um eine schönere Rundung zu erhalten. Das hat dann knapp 17 Stunden gedauert.
 
Die Drucklinge habe ich an der Unterseite vorsichtig von den Supports entfernt und plangeschliffen. Die drei Teile konnte ich dann recht paßgenau zusammenstecken - ich war beeindruckt, wie akkurat der kleine Drucker gearbeitet hat. Die Nahtstelle auf halber Höhe wird nicht auffallen. Der Übergang zu Kuppel wird durch den runden Wartungssteg kaschiert. In der Probeaufstellung kommt der Prototyp ziemlich überzeugend herüber.
 
Der nächste Schritt war dann die Konstruktion der Kuppeldetails. Hierzu hat mir Christian Piepiora netterweise Fotos aus Hattingen zur Verfügung gestellt. Da derzeit und vermutlich noch für einige Jahre der Aufstieg auf den Hochofen der Henrichshütte gesperrt ist, kann ich die Ansichten nicht selbst in Augenschein nehmen.
 
Die wesentlichen Elemente habe ich als Einzelteile in FreeCad separat konstruiert: die eigentliche Kuppel mit über 750 Niete, der Treppenaufstieg zur Kuppelspitze mit Geländer, das Überdruckventil sowie der runde Wartungsgang mit Geländer und Stützen. Die Geländer und der Wartungsgang habe ich mit dem FDM-Drucker erstellt, die Teile aus PLA sind deutlich stabiler als Resinteile.
 
Die Probemontage war erfolgreich, alles passte gut zusammen. Es fehlen noch runde Verblechungen sowie die kleinen Luken für die Wartungsöffnungen.
 
End of train