Einer meiner Wünsche bei der Anlagenplanung - dazu gehört mehr als nur die Gleisplanung - war, daß meine Modellbahn eine gewisse Wiedererkennbarkeit besitzen sollte und nicht nur
wie die x-te Version von "Hauptbahn mit abzweigender Nebenbahn" aussieht. Daher habe ich mir im Jahr 2000 zunächst Gedanken über das Wann und Wo gemacht, da der Anlagenbau noch etwas warten musste.
Die damals angesagte fränkische Nebenbahn in EpIII hatte ich mit Bad Knüsseldorf schon hinter mir, es sollte schon etwas mehr sein. Angeregt durch Bücher und den model railroader waren
drei Ideen auf der Kurzliste:
Der Bahnhof Oekoven ganz in der Nähe meiner Heimatstadt Grevenbroich an der zweigleisigen Hauptstrecke Köln-Grevenbroch-Mönchengladbach mit der in Oekoven abzweigenden privaten
Anschlußbahn zur Brikettfabrik Neurath. Hierzu gab es ein nettes kleines Buch und die Gegend kannte ich natürlich aus meiner Jugendzeit.
Eine US-amerikanische Nebenbahn (branchline) irgendwann in den 50ern zur Zeit des Übergangs von Dampf zu Diesel. Diese Idee war klar dem model railroader geschuldet,
aber auch der Erkenntnis,
daß das US-Vorbild besonders für die Modellbahn geeignet ist: zuverlässige Drehgestell-Diesel mit Schwungmassen, fast vorbildliche Kadee-Kupplungen, keine Probleme mit Puffer-an-Puffer
und im Vergleich zur Bundesbahn frugale Gleisausstattungen. Erstes Rollmaterial war bereits angeschafft. Aber mangelnde Vertrautheit aus erster Hand mit dem Vorbild und der Umgebung
haben mich davon Abstand nehmen lassen - ich wollte nicht nach Fotos bauen.
Irgendwas in EpIV mit Industrie, da entsprechendes Material von früheren Versuchen vorhanden war. Das Thema war zunächst etwas diffus. Im Nachhinein weiß ich nicht, warum es solange dauerte,
bis es endlich "Klick" machte und sich dieses Thema zunächst zu "Ruhrgebiet" und kurz danach zu "Eisenbahn+Häfen im Duisburger Raum mit Hüttenbetrieb" verdichtete - schließlich hatte ich einige
Jahre in Duisburg gewohnt und mir das Vorbild häufig mit großem Interesse angesehen.
Die Entscheidung war nach dem "Klick" schnell gefallen. Ein ideales Vorbild direkt vor der Tür, auch nach Umzug von Duisburg nach Kevelaer, besser konnte ich es nicht treffen. Zum Glück
war ich dann noch so schlau, meine eigene Werkbahn und meinen eigenen Ort zu erfinden, natürlich in starker Anlehnung. Dies hat mir dann den Raum gegeben, gerade beim Rollmaterial der Werkbahn
zu improvisieren. Das ergibt eine schöne Ergänzung zu der eher vorbildnahen Auswahl des DB-Rollmaterials. Eine Werkbahn im Ruhrgebiet eignet sich auch ausgezeichnet, um eine hohe Gleisdichte
auf der Anlage überzeugend darzustellen und bietet viel Gelegenheit, interessante (Kunst)Bauten aufzustellen.
Zeitraum statt Epoche - 1980
Meine Anlage Hüttenheim "spielt" um 1980. Genauer gesagt an einem Frühlingstag zwischen 1976 und 1981. Dieses Intervall ergibt sich aus den ältesten und jüngsten Fahrzeugen, die im Regeldienst auf
der Anlage unterwegs sind, wobei sich die Einsatzzeiträume nicht überlappen, also der gemeinsame Betrieb auf der Anlage als Anachronismus erscheinen könnte:
Dampflok 052 404-1, am 31.12.1976 in Duisburg-Wedau ausgemuster
Dampflok 044 556-9, am 26.05.1977 in Gelsenkirchen-Bismarck ausgemustert
S-Bahn mit x-Wagen, die Serienfertigung begann 1981
In diesem Zeitraum war ich bereits als junger Modellbahner aktiv. Irgendwann in diesen Jahren entdeckte ich die große H0-Welt jenseits des Sortiments des lokalen
Schreibwarenhändlers. Die Kataloge von Vollmer, Kibri, Liliput, Rivarossi und Brawa, später auch Roco waren fantastische Lektüre und die viel zu seltenen Besuche bei Feldhaus in Köln jedesmal eine
Offenbarung. Die erste MIBA im Jahr 1980 - Messeheft 3a - sowie der Umstieg von Trix Express auf Roco Code100 im Folgejahr 1981 waren große Meilensteine, siehe auch dazu die Bilder aus dieser
grauen Vorzeit (Link zum Bericht).
Gleichzeitig fanden in diesen Jahren prägende Begegnungen mit der großen Eisenbahn statt. Gelegentliche Fahrten mit den
Akkutriebwagen BR 515 von Grevenbroich nach Düsseldorf oder etwas später Zugfahrten im Silberling oder niederländischen ICR-Wagen von Grevenbroch nach Köln. Erste Eisenbahnfotos entstanden
mit Vaters Canon AE1 in Schwarzweiß. Und natürlich die Besuche am Kölner Hauptbahnhof, stets ein fester Programmpunkt zusammen mit der Wallfahrt nach Saturn. Und nicht zu vergessen
die Familientreffen bei meinem Großvater Heinrich in Köln, der - nach einhelligem Urteil aller Verwandten - mit seiner Märklinanlage Auslöser für meine Modellbahnbegeisterung sein soll.
Diese Kombination aus Faktenlage und nostalgischen Prägungen haben dann in der Gesamtschau zur Wahl des Zeitraums 1976 bis 1981 als Bezugsrahmen für meine Anlage geführt.
Ort und Bahnstrecken
Der Name "Hüttenheim-West" ist entstanden, bevor ich mir genauere Gedanken über eine reale Verortung gemacht hatte. Wenn nun Hüttenheim Hbf dort liegt, wo sich in der realen Welt die Duisburger
Innenstadt befindet und ich mich an den vorhandenen Bahnlinien orientiere, dann ist Hüttenheim-West etwa an der Stelle von Duisburg-Hochfeld-Süd. Und die Hütte Phoenix-West könnte sich so auf
halbem Weg Richtung HKM in Huckingen befinden. Damit hätten wir eine durchgehende, elektrifizierte Hauptstrecke, in H0 aus Platzgründen nur eingleisig, auf der reger Personenverkehr stattfindet.
Zum einen die S-Bahn-Anbindung Richtung Rheinhausen und Krefeld, zum anderen der Nahverkehr bis an den Niederrhein Richtung Kevelaer, Kleve oder Xanten. Und natürlich lassen sich
problemlos "Umleiter" argumentieren, bei Streckenstörungen zwischen - in realo - Duisburg und Düsseldorf oder zwischen Krefeld und Neuss. In beiden Fällen könnten Züge auf die jeweils
parallele Strecke auf der anderen Rheinseite umgeleitet werden.
Beim Güterverkehr steht der Anschlussverkehrt von und zur westlichen Phoenix-Hütte im Fokus. Phoenix West in H0 hat im Gegensatz zur realen HKM keinen Rheinhafen. Eisenerz kommt per Schiff in den
Hüttenheimer Binnenhafen und wird dort auf die Schiene umgeladen. Koks stammt aus einer der zahlreichen Kokereien der Region, entweder aus der eigenen Phoenix-Gruppe oder von einem
RAG-Standort. Kalkstein schließlich kommt aus Wülfrath über die Angertalbahn. Das fertige Stahl-Halbzeug wird wieder an Abnehmer in der Region gefahren. In dieser Beziehung passt
Hochfeld-Süd perfekt als Inspiration.
Die landschaftliche Ausgestaltung meiner Anlage ist frei erfunden und hat keinen Bezug zur realen Situation. Auch die Lage am Fluß findet sich nicht ansatzweise in H0 wieder.
Regionale Versatzstücke
Landschaftliche Besonderheiten oder markante Stadtbauten der Duisburger Gegend finden sich nicht auf der Anlage, dazu fehlt der Platz. Aber kleine Szenen habe ich dennoch einbauen können.
Der - leider kaum sichtbare - Eingang zum Bahnhof Hüttenheim-West ist dem alten Zustand des Osteingangs zum Duisburger Hauptbahnhof nachempfunden. Auch die Gestaltung der Ziegelmauern
entlang der Bahnsteighalle orientiert sich an den entsprechenden Mauern der Bahnsteigüberdachung des Vorbilds.
Neben Straßennamen und Busschildern habe ich auch den ehemaligen Laden meines Schwiegervaters in Duisburg-Großenbaum verewigt. Und das markante Werbeschild der Unterführung der
Ruhrorter Straße am Güterbahnhof Oberhausen-West hat auch einen schönen Platz auf der Anlage erhalten.
Bei der Phoenix Hüttenbahn kann ich mich natürlich für Anleihen bei Eisenbahn+Häfen bedienen, hier habe ich zum Beispiel die Lackierung meiner Werkbahn-Lokomotiven
an die alte Lackierung von E+H angelehnt. Auch die kleine Tankstelle vor dem Lokschuppen orientiert sich an der Lokstation Hamborn..
Die Industrieanlagen sind durch HKM im Duisburger Süden, den Landschaftspark Meiderich sowie die Henrichshütte in Hattingen beeinflusst. Viele Fotoexkursionen haben reichlich Material für Vorlagen
und Inspiration ergeben. So entstand der Hochbunker anhand von Bildern der Bunkeranlage in Duisburg. Beim Hochofen habe ich das Riesenglück, einen Modellbahnfreund aus
Hattingen kennengelernt zu haben, der Teile der dortigen Henrichshütte nachbaut und mir viel Material, Prototypen und Unterlagen überlässt.